Es gibt Tage, da bin ich eigentlich nur noch Lehrer auf dem Papier. In Wirklichkeit bin ich Callcenter, Datensicherer, Geldeintreiber, Schulpflichtüberwacher, iPad-Wart – und irgendwo dazwischen soll ich auch noch unterrichten.
Ich denk:
„Elternabend – musst du klären.“
Zack, weg.
„Zettel von Schüler X – wo war die verdammte Liste?“
Zack, vergessen.
„Irgendwas mit Jugendamt, Protokoll, Rückmeldung …“
Zack, too late.
Es sind nicht die großen Sachen, die mich fertig machen. Es ist das Kleinteilige. Das Dauergezappel im Kopf. Und irgendwann hab ich das Gefühl, ich bin nur überfordert.
Selbstorganisation? Ja! Aber wie? Keine Ahnung.
Eines der größten ungelösten Probleme im Lehrerberuf ist genau das: Wir bekommen keine funktionierende Organisationsstruktur an die Hand.
In der Ausbildung heißt es immer nur: „Du musst dich gut organisieren.“
Ach was.
Aber wie das geht – das sagt dir keiner. Stattdessen fliegst du ins System wie’n Brathähnchen in den Backofen und sollst bitte nicht verbrennen.
Was bleibt, ist Zettelwirtschaft. Notizen auf der Hand. Post-its am Monitor. Gedanken, die zwischen Klassenbuch und WhatsApp einfach verdampfen. Du hangelst dich von Erinnerung zu Erinnerung, bis du merkst: Der wichtigste Zettel liegt im Lehrerzimmer – und du bist längst zuhause.
Das ist kein persönliches Versagen. Das ist strukturelles Chaos.
Und weil keiner von Anfang an zeigt, wie Selbstorganisation wirklich geht, bleibt’s bei Trial & Error. Und meistens bei Error.
GTD – kein Hokuspokus, sondern Hirn-Entlastung
Ich bin irgendwann im Ref über Getting Things Done von David Allen gestolpert – kurz: GTD. Klingt nach Coaching-Guru, ist aber einfach ein System. Kein Bullshit, kein „Du musst nur positiv denken“ – sondern: Ordnung für den Kopf.
Die Idee ist simpel: Alles, was im Kopf rumschwirrt, muss raus. Ein voller Kopf ist wie ein Browser mit 57 Tabs: alles offen, nix läuft rund, Akku leer – und du weißt nicht mal, wo die Musik herkommt.

GTD arbeitet in fünf Schritten:
- Sammeln – alles kommt erst mal in eine Inbox. Kein Filter. Kein Nachdenken.
- Verarbeiten – jede Notiz wird durchgecheckt: Ist das umsetzbar? Wenn ja: Was ist der nächste Schritt?
- Organisieren – alles bekommt seinen Platz: Termine in den Kalender, Aufgaben in Listen, größere Themen in Projekte.
- Durchsehen – regelmäßige Reviews: Was ist offen? Was hat sich erledigt? Was braucht bedarf Aufmerksamkeit?
- Erledigen – Aufgaben werden nicht nach Wichtigkeit, sondern nach Kontext, Energielevel und Zeit abgearbeitet.
Und ganz wichtig: Sofort erledigen, was sich sofort erledigen lässt. Wenn eine Sache in unter zwei Minuten machbar ist – einfach machen. Keine Liste, kein System, kein Drama. Das ist vielleicht die effektivste Mikrostrategie überhaupt. Kleine Aufgaben summieren sich sonst zu einer Wand gegen die man immer schneller rennt.
Mein Setup: GTD mit Things – straight, schnell, zuverlässig

Ich nutze dafür die App Things. Nur für Apple, kostet bisschen was – aber war für mich der Gamechanger. Ich nutze die App ständig. Nicht „ab und zu“, sondern wirklich: dauernd. In fast jeder Schulstunde, zwischen Gesprächen, morgens beim ersten Kaffee, beim Aufräumen nach der achten Stunde.
Noch ein Pluspunkt: Things zeigt mir direkt meinen Kalender. Ich seh also nicht nur, was ansteht – sondern auch, wann ich dafür wirklich Zeit hab. Das bewahrt mich davor, Aufgaben ewig vor mir herzuschieben. Stattdessen bau ich sie direkt in den Tag ein. Realistisch.
Alles, was mir in den Kopf kommt, landet sofort im Eingang. Per Watch, per Widget, per Siri – völlig egal. Ein Satz, ein Tap, drin. Später wird sortiert, wenn der Kopf wieder klar ist.
Meine Struktur sieht so aus:
- Oberbereiche wie „Unterricht“, „Klassenleitung“, „Orga“, „Medienkrempel“, „Förderverein“
- Darunter Projekte, die sich dynamisch entwickeln – nur wenn wirklich nötig
- Und dann die Aufgaben – immer mit Verb, immer konkret. Kein „Elternabend“, sondern „Elternabend-Termin mit SL abklären“
Wenn eine Aufgabe mehr als zwei Schritte braucht, wird sie ein Projekt. Beispiel Klassenarbeit:
- Klassenarbeit erstellen
- Musterlösung erstellen
- Termin abklären
- Schüler:innen & Eltern informieren & Themen rumschicken
- Arbeiten korrigieren
- Nachschreiber-Termin planen
- Klassenarbeit bei der Schulleitung einreichen
- Noten eintragen
- Klassenarbeit zurückgeben
Ablage, Wiedervorlage & Heute
Was nicht sofort ran muss, kommt in die Wiedervorlage oder „Irgendwann“. Ich hab keine Deko-Ordner, sondern nutze, was ich wirklich brauche. Und ich check mein System nicht einmal die Woche, sondern mehrfach täglich. Das hält mich handlungsfähig – ohne dass mir alles um die Ohren fliegt.
Ich hab viel getestet. Papier: zu langsam. Erinnerungen-App: zu unflexibel. Things ist für mich der Sweet Spot. Schnell, übersichtlich, hübsch. Und: Emojis helfen bei der Orientierung. Klingt albern – wirkt.
Fazit: Ohne System – kein klarer Kopf
Ich sag nicht: GTD ist die Lösung für alle. Oder dass jeder Things kaufen soll. Aber ich sag: Ohne System geht man unter. Und zwar nicht, weil man zu wenig macht – sondern weil alles zu viel wird.
GTD ist mein Gerüst. Things mein Werkzeug. Beides zusammen: mein Ruhepol im Chaos.
Nicht perfekt. Aber besser als vorher. Und das reicht.

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